Klimabrief aus den Philippinen

In der Serie „Klimabriefe“ berichten Partner unserer Mitgliedsorganisationen aus verschiedenen Ländern der Welt über die spürbaren Folgen des Klimawandels in ihren Regionen. Sie erzählen, wie sie sich für den Klima- und Umweltschutz einsetzen, welche Erfolge sie erzielt haben und welchen Herausforderungen sie begegnen.

Landschaft in den Philippinen © Ruben Gutzat

236.000 Bäume gegen Taifune – Philippinische Gemeinden kämpfen gemeinsam gegen Klimafolgen

Liebe Leser:innen,

mein Name ist Dr. Thomas M. dela Cruz, Jr.. Ich bin nationaler Koordinator des Committee of German Doctors for Developing Countries Inc. und lebe seit fast fünfzig Jahren im Großraum Manila auf den Philippinen.

In dieser Zeit habe ich viele extreme Naturereignisse miterlebt: Erdbeben, Taifune, Dürren und die deutlichen Folgen der Klimaphänomene La Niña und El Niño. Der Klimawandel verändert unser Leben hier spürbar. Früher dauerte der Sommer von Februar bis Juni – heute sind nur noch April und Mai extrem heiß und die Temperaturen liegen deutlich höher als vor zehn Jahren.

Die Veränderungen betreffen das ganze Land: Heftige Taifune, unvorhersehbare Regenfälle, anhaltende Dürren und steigende Temperaturen setzen sowohl Städten als auch ländlichen Regionen zu. In Ballungsräumen wie dem Großraum Manila sind Überschwemmungen, Hitzestress und Luftverschmutzung alltäglich geworden. In abgelegenen und benachteiligten Gebieten (den sogenannten GIDAs, Geographically isolated and disadvantaged areas) kämpfen die Menschen mit Erdrutschen, Ernteausfällen, Wasserknappheit und Küstenerosion. Der steigende Meeresspiegel bedroht Gemeinden und zerstört wertvolle Lebensräume.

Die gesundheitlichen Folgen für die Betroffenen sind gravierend, besonders in Regionen mit schlechter medizinischer Versorgung. Nach Überschwemmungen breiten sich Krankheiten wie Denguefieber, Durchfall, Hautkrankheiten oder Leptospirose schneller aus. In Städten belasten Hitze und Schadstoffe die Atemwege. Extreme Naturereignisse führen – unter anderem durch Vertreibung – zunehmend zu psychischen Belastungen. Zudem gefährden Dürren die Ernährungssicherheit mit teils schweren Gesundheitsfolgen durch Unterernährung.

Dr. Thomas M. dela Cruz, Jr. © privat

Die Philippinen setzen sich aktiv mit dem Klimawandel auseinander. Es gibt landesweite Gesetze und Strategien, etwa den Climate Change Act oder den National Climate Change Action Plan. Lokale Behörden (LGUs bzw. Local Government Units) sind verpflichtet, eigene Klimaaktionspläne zu entwickeln, doch besonders in den GIDAs fehlen oft die Mittel, um diese Maßnahmen umzusetzen. Nationale Institutionen wie die Klimawandelkommission oder das Umweltministerium arbeiten an Programmen – doch gerade in abgelegenen Regionen bleibt die Umsetzung oft lückenhaft.

Die Philippinen bestehen aus über 7.600 Inseln und haben eine Küstenlinie von mehr als 36.000 Kilometern. Etwa 60 Prozent der Bevölkerung lebt in Küstenregionen und ist daher besonders anfällig für die Auswirkungen des Klimawandels, insbesondere durch den Meeresspiegelanstieg, Küstenerosion und Sturmfluten. Auf den Philippinen steigt der Meeresspiegel schneller als im weltweiten Durchschnitt, in einigen Gebieten um 5,7-7,0 Millimeter pro Jahr, was schwerwiegende Auswirkungen auf die dort lebenden Küstengemeinden hat.

Laut dem Weltklimarat (IPCC) ist der Meeresspiegel in der Bucht von Manila zwischen 1947 und 2012 bereits um 0,80 Meter angestiegen und könnte bis Mitte dieses Jahrhunderts um weitere 0,50 Meter steigen – im schlimmsten Fall sogar um bis zu 1,33 Meter bis zum Jahr 2100. Die Folgen wären weitreichend – nicht nur für die Umwelt, sondern auch für Wirtschaft, Gesundheit und soziale Stabilität.

Das Bergdorf Carayacay ist nur mit dem Boot auf dem Dolores Fluss zu erreichen. Die 888 Bewohner:innen leben in 193 Haushalten, allesamt Reisbäuer:innen. Auch Bananen und Wurzelgemüse wird angebaut, meist zum Eigenbedarf und zur Selbstversorgung, Kokos der Kokosnusspalmen wird verkauft. Bei Starkregen ist das Dorf von Überflutung bedroht. © Hartmut Schwarzbach

Trotzdem gibt es Fortschritte: In den letzten Jahren wurden Wiederaufforstungsprojekte gestartet, nachhaltige Landwirtschaft gefördert, der Plastikverbrauch gesenkt und die Abfallwirtschaft verbessert. In GIDAs helfen erneuerbare Energien bei der Stromversorgung und senken gleichzeitig Emissionen. Gemeinden engagieren sich mit Informationskampagnen und Katastrophenschutzprogrammen.

Frühwarnsysteme und Evakuierungspläne haben vielen Regionen mehr Sicherheit und Resilienz gegeben. Große Fortschritte gibt es in der klimaresilienten Landwirtschaft, im wachsenden Engagement der Öffentlichkeit – besonders bei jungen Menschen und lokalen Führungspersönlichkeiten – sowie in wirkungsvollen Katastrophenvorsorgeprogrammen.

Ein Beispiel ist eine Schulung im Januar 2024 auf der Insel Mindoro, organisiert vom Katastrophenschutzamt in Kooperation mit German Doctors. Gemeinsam mit German Doctors und Vertreter*innen der Gemeinden wurden Themen wie Klimaanpassung und Vorsorge besprochen. Küstenregionen wie in Mindoro sind besonders anfällig für Überschwemmungen, Erdrutsche und landwirtschaftliche Schäden durch steigende Temperaturen, Dürren und veränderte Niederschlagsmuster. In Zusammenarbeit mit den LGUs wird nun ein umfassender gemeinschaftlicher Aktionsplan umgesetzt, bei dem Bildung und aktive Beteiligung der lokalen Gemeinden im Mittelpunkt stehen.

Die Bewohner:innen der Insel Mindoro erhalten Schulungen zu Klimawandelanpassung und Vorsorgemaßnahmen © Leon Selorio

Zahlreiche lokale Initiativen leisten bereits einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz: Schulen und kommunale Einrichtungen engagieren sich aktiv, zum Beispiel durch Baumpflanzaktionen wie die 236,000-Trees-Kampagne des Bildungsministeriums. Auch die Reduzierung des Plastikverbrauchs und die Nutzung erneuerbarer Energien werden vorangetrieben, etwa durch die Installation von Solaranlagen auf Schulgebäuden und Verwaltungsbüros. Zudem stärken gemeinschaftliche Aufräumaktionen, bei denen verstopfte Abwassersysteme gereinigt werden den Hochwasserschutz und Abwasserentsorgung.

Doch es bleibt viel zu tun. Finanzielle Engpässe in GIDA-Gebieten, unzureichende Koordinierung zwischen Behörden, schwache Infrastruktur und begrenzter Zugang zu moderner Technik bremsen Fortschritte. Oft fehlt es auch an politischem Willen oder Konsequenz – etwa beim Kampf gegen illegale Abholzung, Umweltverschmutzung oder umweltschädlichen Bergbau.

Um die Folgen des Klimawandels zu begrenzen, brauchen wir gemeinsames Handeln. Lokal müssen Gemeinden besser unterstützt werden, indem gezielt in resilientere Infrastrukturen investiert wird. National müssen gefährdete Regionen priorisiert und Umweltrichtlinien konsequent umgesetzt werden. Global müssen Länder mit hohen Emissionen ihre finanziellen Verpflichtungen erfüllen und betroffene Länder wie die Philippinen entschlossen unterstützen.

Mit herzlichen Grüßen,

Dr. Thomas M. dela Cruz, Jr.

Logo Klimabrief. Auf einer grünen Briefmarke steht das Wort Klimabrief.

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