Bündnis Entwicklung Hilft: 15 Jahre Gemeinsam für Menschen in Not
Das Bündnis Entwicklung Hilft wird 15 Jahre alt. Geschäftsführer Peter Mucke schildert im Interview die Geschichte und erläutert aktuelle Herausforderungen.
Was waren 2004/2005 die wichtigsten Motive für die Gründung des Bündnisses?
Peter Mucke: Die Entscheidung, sich zu einem Bündnis zusammen zu schließen, fiel Ende Dezember 2004 – nach der Tsunami-Katastrophe in Südostasien. Bereits zuvor hatten wir gemeinsam darüber diskutiert, enger zusammenzuarbeiten. In diesem Moment jedoch kam es besonders darauf an, die Kräfte zu bündeln, die ein schnelles und effektives Handeln vor Ort ermöglichen. Seit dem 1. Januar 2005 treten wir immer wieder mit unserem Grundsatz „Gemeinsam für Menschen in Not“ an die Öffentlichkeit und bitten um Spenden für die Katastrophenopfer.
Worin besteht der besondere Mehrwert für die Mitgliedsorganisationen?
Alle unsere Mitgliedsorganisationen sind renommierte Hilfswerke mit spezifischen Kenntnissen und jahrzehntelangen Erfahrungen in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit. Sie können sich in der Hilfe nach Katastrophen sehr gut ergänzen und zum Beispiel auch mit Blick auf die Ursachen von Krisen und Katastrophen gemeinsam ihre Stimme erheben. Das macht uns stärker.
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit die ARD zu Spenden für das Bündnis aufruft?
Immer dann, wenn eine Katastrophe viele Menschen betrifft und umfangreiche Hilfsmaßnahmen mit internationaler Unterstützung nötig werden, ruft die ARD zu Spenden auf. Für uns ist dies eine ganz wichtige Basis, um die finanziellen Mittel für unsere Hilfe zu erhalten. Und die ARD macht dies aus voller Überzeugung, für uns und unseren Kooperationspartner entstehen dadurch keine Kosten.
Der Name „Entwicklung Hilft“ deutet darauf hin, dass es bei ihrer Arbeit im Bündnis nicht um reine Nothilfe geht. Was ist Ihr spezifischer Ansatz?
Bei unserer Arbeit geht es um beides: Akute Not zu lindern und auch langfristige Veränderungen zu unterstützen. Oberstes Ziel ist die Bekämpfung der Ursachen von Hunger, Armut und Gewalt. Als Bündnis sind wir vor allem in Afrika, Asien und Lateinamerika im Einsatz.
Hat sich im Laufe der Jahre die Zahl der Katastrophen erhöht, nach denen das Bündnis tätig wurde?
In 2005 hatten wir nicht erwartet, dass wir so oft als Bündnis gefordert sind, Hilfe zu leisten. Der Klimawandel und die vielen bewaffneten Konflikte stellen die Nothilfe und die langfristige Entwicklungszusammenarbeit vor neue Herausforderungen. Schäden durch extreme Naturereignisse sind jährlich allgegenwärtig und zwingen Millionen Menschen zur Flucht, die Erholungsphasen werden kürzer, neue Anpassungsstrategien werden notwendig. Auch in Deutschland ist es sichtbar: Die Wetterextreme haben zugenommen.
Ein wichtiges Markenzeichen des Bündnisses ist der jährliche WeltRisikoBericht. Was waren hierbei in den vergangenen Jahren die wichtigsten Erkenntnisse?
Gesellschaftliche, soziale, politische und ökonomische Bedingungen beeinflussen das Katastrophenrisiko. Sind Hunger, Armut und Ungleichheit hoch, wirkt sich das negativ auf die Verletzbarkeit der Menschen aus. Fehlende Gesundheitsversorgung oder unzureichender Zugang zu Wasser erhöhen die Anfälligkeit. Die Katastrophen-Hotspots liegen in Ozeanien, Südostasien, Zentralamerika sowie West- und Zentralafrika. Besonders betroffen sind Inselstaaten, weil sie häufiger mit Wirbelstürmen, Überflutungen und dem Meeresspiegelanstieg konfrontiert sind. Für die Zukunft werden Digitalisierung und Technologie in der Katastrophenhilfe und der Vorsorge zunehmend an Relevanz gewinnen, wir sehen dies beispielsweise bei Infrastruktur und Logistik.
Das Bündnis äußert sich auch immer wieder zu entwicklungspolitischen Fragen. Auf welchen Themen lag dabei bisher vor allem der Fokus?
Katastrophenvorsorge zur Reduzierung von Schäden durch extreme Naturereignisse ist für uns ein ganz wichtiger Punkt. Und die schwierigen Bedingungen unter denen humanitäre Helfer*innen Hilfe leisten, bis hin zur Gefährdung des eigenen Lebens. Immer wieder fordern wir einen guten Übergang von Nothilfe zu Entwicklungszusammenarbeit und benennen die Hilfsbedarfe, aber auch die Zusammenhänge und Hintergründe bei aktuellen Krisen und Katastrophen, wie in Syrien, im Jemen, bei den Hungerkrisen und bei Flüchtlingen wie den Rohingya in Bangladesch – oftmals verbunden mit Forderungen an die Bundesregierung und die Europäische Union, sowohl durch Hilfe tätig zu werden, als auch durch internationale politische Initiativen.