Klimabrief aus Peru

In der Serie „Klimabriefe“ berichten Partner unserer Mitgliedsorganisationen aus verschiedenen Ländern der Welt über die spürbaren Folgen des Klimawandels in ihren Regionen. Sie erzählen, wie sie sich für den Klima- und Umweltschutz einsetzen, welche Erfolge sie erzielt haben und welchen Herausforderungen sie begegnen.

© terre des hommes

Mit Regenwasser gegen die Folgen des Klimawandels

Liebe Leser:innen,

ich bin Magdalena Machaca Mendieta aus Quispillaccta. Mein Dorf liegt in den peruanischen Anden in der Region Ayacucho. Nach meinem Studium an der Universität bin ich hierher zurückkehrt und gründete zusammen mit meinen Geschwistern die Asociación Bartolomé Aripaylla (ABA), eine  Nichtregierungsorganisation, die von terre des hommes aus Deutschland unterstützt wird.

Im peruanischen Hochland kommt es in letzter Zeit immer wieder zu Dürreperioden und auch im Jahresdurchschnitt fällt zu wenig Regen. Das ist eine Folge des Klimawandels. Er hat Auswirkungen auf die Regenzeiten, auf Dürren und Fröste. Wir haben jetzt mit großen Temperaturschwankungen zu kämpfen und Schädlinge nehmen zu. Dadurch wird es immer schwieriger, Nahrungsmittel anzubauen. Viele Menschen haben Ernten und Tiere verloren. Die Armut nimmt zu. Durch die Ernteausfälle und Ertragsminderungen wissen sie oft nicht, ob sie das ganze Jahr genug zu essen haben werden. Viele Familien wandern ab in die Städte und müssen dort ihre Arbeitskraft verkaufen.

In der Trockenzeit sind wir auf die Bäche und Quellen angewiesen, die durch das Tauwetter entstehen. Aber viele Berge sind jetzt nicht mehr schneebedeckt.

Magdalena M. Mendieta
aus Quispillaccta, Peru

Wir sprachen mit den Ältesten, um Lösungen für das Problem der Dürrezeiten zu finden. Ein Großonkel sagte: „Als ich ein Kind war, baute mein Großvater in den Bergen Strukturen zum Auffangen von Regenwasser, um auch nach der Regenzeit noch ein oder zwei Monate lang Wasser zur Verfügung zu haben. Damit konnte er sein Vieh tränken.“ Wir wurden neugierig und sprachen mit weiteren älteren Menschen. Was wir entdeckten, war „qucha ruway“ – eine Praxis, Regenwasser zu speichern. „Qucha“ bedeutet Lagune. Wir trugen eine Fülle von Praktiken und Kenntnissen zusammen, um Regenwasserteiche anzulegen und dabei gleichzeitig die Natur und die biologische Vielfalt zu pflegen.

Jugendliche des peruanischen Dorfes Quispillaccta vor der Tapaccocha-Lagune, die 2008 gebaut wurde. © terre des hommes

Netzwerk von Jugendlichen und Dorfautoritäten von Quispillaccta an der Tapaccocha-Lagune, die 2004 errichtet wurde. © terre des hommes

Mitglieder der Dorfgemeinde von Quispillaccta beim Bau einer Lagune. © terre des hommes

Die Machaca Schwestern vor einer der lebensnotwendigen Wasserlagunen © terre des hommes

Jugendliche fassen ein Wasserreservoir mit Felsen ein, um seine Ufer zu schützen. © terre des hommes

Als Ergebnis unserer Arbeit sind auch neue Quellen, sogenannte „ojos de aqua“ (Wasseraugen) entstanden. Die Flüsse und Bäche haben begonnen, sich zu stabilisieren.

Magdalena M. Mendieta
aus Quispillaccta, Peru

Beim Bau der Lagunen verwenden wir Lehm, Steine und Pflanzenmaterial für die Dämme. Bestimmte Algen fördern die Versickerung und nähren das Grundwasser. Wir beziehen die Yachaq [weise Frauen und Männer] in alle Phasen des Bauprozesses ein. Sie sprechen mit den Gottheiten der Orte für die Lagunen. Beim Bau helfen alle mit, auch die Jugendlichen und die Kinder. In unserer Kultur sind die Wasserquellen heilig. Wasser wird als Lebewesen wahrgenommen, als Person, die genährt und geschützt werden muss. Um über reichliches und hochwertiges Wasser zu verfügen, schützen die Gemeinden die Umwelt in den Bergen. Sie zeigen damit dem Wasser ihre Zuneigung.

Als Ergebnis unserer Arbeit sind auch neue Quellen, sogenannte „ojos de agua“ [Wasseraugen] entstanden. Die Flüsse und Bäche haben begonnen, sich zu stabilisieren. Die Seen können zumindest teilweise die ökologische Funktion der verschwundenen Gletscher ersetzen. Das bedeutet, dass die Gemeinschaften ihre Lebensmittel- und Milchproduktion trotz Dürreperioden aufrechterhalten können. Wir sind resilienter gegen den Klimawandel geworden. In den letzten 20 Jahren haben wir mehr als 120 Stauseen in den Bergen von Ayacucho gebaut. Dadurch wurde nicht nur die örtliche Bevölkerung mit Wasser versorgt, sondern auch die Großstadt Huamanga, wo die Menschen nun tagsüber ununterbrochen Zugang zu Wasser haben.

Durch die Regenwasserteiche und die Wiederherstellung der Vegetationsdecke in den Familiengärten und auf öffentlichem Terrain werden jetzt viele Millionen Kubikmeter mehr Grundwasser erzeugt. Das Bewässerungssystem des Flusses Cachi ist gestärkt. Einwohner:innen landwirtschaftliche Nutzer:innen im Einzugsgebiet des Cachi profitieren davon. Ihre Ernährung und ihr Lebensstandard sind besser geworden.

Seit 2012 bin ich Geschäftsführerin bei ABA. Ich leite Ausschüsse und Kommissionen, in denen wir uns darüber austauschen, wie wir unser lokales kulturelles Wissen nutzen können, um dem Klimawandel etwas entgegenzusetzen. Wir bauen auf die Kosmovision der Anden und das Wissen der Gemeinschaften, die in den hohen Bergen von Ayacucho leben. Dank unserer Lobbyarbeit ist das Thema der Regenwasserspeicherung auch in der peruanischen Politik angekommen. Die uralte Technik „Siembra y cosecha de agua“ [Aussaat und Ernte von Wasser] wurde mittlerweile von Ministerien als gute Praxis angesichts des Klimawandels anerkannt. 2019 wurde das Gesetz Nr. 30989 erlassen, das Siembra y cosecha de agua in den Hochanden zum nationalen Interesse und zur öffentlichen Notwendigkeit erklärt.

Wissenschaftler:innen, Politiker:innen, Behörden und Landwirt:innen müssen die Bedeutung der traditionellen Landwirtschaft erkennen und sie stärken.

Magdalena M. Mendieta
aus Quispillaccta, Peru

Außerdem haben wir unsere Erfahrungen mit anderen Ländern wie zum Beispiel Costa Rica und Bolivien geteilt. Derzeit bewerben wir uns um ein Beratungsmandat für fünf Länder in Lateinamerika:  Chile, Peru, Guatemala, Mexiko und Costa Rica. Sowohl national als auch international ist unsere Arbeit mittlerweile als erfolgreiche und innovative Methode zur Bekämpfung der Auswirkungen des Klimawandels anerkannt.

Herzliche Grüße,

Magdalena Machaca Mendieta

Logo Klimabrief. Auf einer grünen Briefmarke steht das Wort Klimabrief.

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