Geflüchtete Familien werden an Grenzübergängen von Helfer:innen empfangen.
© Plan International
Die Lage
Seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine im Februar 2022 wurden mehr als fünf Millionen Menschen zur Flucht innerhalb des Landes gezwungen. Zudem haben bereits mehr als 8,2 Millionen ukrainische Geflüchtete in anderen europäischen Ländern Zuflucht gefunden. Das UN-Flüchtlingskommissariat stuft diese Fluchtbewegung als eine der größten und die am schnellsten wachsende Vertreibungskrise seit dem Zweiten Weltkrieg ein. Trotz der andauernden Kämpfe kommt es zu sogenannten „Pendelbewegungen“, bei denen Menschen immer wieder in die Ukraine zurückkehren, sobald ihre Heimatregionen als sicher gemeldet werden. Weite Gebiete sind jedoch nach wie vor verwüstet, zivilen Infrastruktur zerstört und oftmals fehlen Fluchtwege.
Das führt dazu, dass viele eingeschlossene Menschen ihre Grundbedürfnisse nicht erfüllen können und ihnen Lebensmittel, Wasser und Medikamente fehlen. Die Lieferung humanitärer Hilfsgüter gestaltet sich in diesen Gebieten schwierig, da oft kein sicherer Zugang ermöglicht werden kann. Besonders gefährdete oder marginalisierte Bevölkerungsgruppen wie Frauen und Kinder, Menschen mit Behinderungen oder schweren Erkrankungen sowie ältere Menschen und ethnische Minderheiten sind hierbei besonders schutzbedürftig. Sie sind überproportional von Gewalt und Missbrauch, Mobilitätsbeschränkungen sowie Diskriminierung und Verfolgung betroffen.
Die Folgen des Dammbruchs
Die Zerstörung des Kachowka-Staudamms am Dnipro im Süden des Landes Anfang Juni 2023 hat die Situation in den schwer umkämpften Gebieten nochmals verschärft. Für die Menschen und die Natur hat der Dammbruch weitreichende Konsequenzen:
- Etwa 42.000 Menschen sind ukrainischen Angaben zufolge nach der Zerstörung des Staudamms von Überschwemmungen bedroht, tausende Häuser wurden durch die Fluten zerstört.
- Hunderttausende Menschen sind von der Trinkwasserversorgung abgeschnitten, da die Trinkwasserkanäle nicht mehr aus dem Stausee gespeist werden können. Die betroffenen Orte werden derzeit per Zug oder LKW mit Trinkwasser versorgt. Die Absenkung des Wasserspiegels beeinflusst das Ökosystem negativ und Schadstoffe aus Industriebetrieben, Kläranlagen und Mülldeponien verschmutzen das Wasser.
- Mehr als 20.000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche wurden überschwemmt. Die Getreideernte ist vernichtet, Bewässerungssysteme wurden zerstört. Die Südukraine ist eine wichtige Getreideanbauregion und ein großer Exporteur. Die Überflutung und Zerstörung der landwirtschaftlichen Flächen bedrohen die globale Ernährungssicherheit. Zudem ist eine wichtige Exportroute für Getreideprodukte blockiert.
- Neben dem zerstörten Wasserkraftwerk fallen auch ein Atomkraftwerk sowie ein Kohle- und Gaskraftwerk längerfristig aus. Dadurch sind Zehntausende Menschen ohne Strom. Die nun stärkere Belastung anderer Kraftwerke können Reparaturen und Stromknappheit zur Folge haben.
- Obwohl für das Atomkraftwerk Saporischja derzeit keine akute Gefahr besteht, da die Reaktoren abgeschaltet sind, stellt sich die Frage nach der langfristigen Kühlung des AKWs. Es besteht die Gefahr von Schäden am Kühlbecken und die Nähe des AKW zur Kriegsfront erhöht die Risiken.
Die Hilfsmaßnahmen
Die Mitglieder im Bündnis Entwicklung Hilft stehen in engem Kontakt mit ihren Partnerorganisationen und fördern Hilfsmaßnahmen in der Ukraine, in den Nachbarländern und Deutschland. Sie prüfen kontinuierlich Bedarfe und bauen Hilfsmaßnahmen je nach den Bedingungen aus. Hilfsgüter werden in die Ukraine und die angrenzenden Regionen transportiert, um dringend benötigte Güter wie Trinkwasser, Medikamenten, Hygieneartikeln und Nahrung bereitzustellen. Da ein Großteil der Geflüchteten Frauen und Kinder sind, werden die Hilfsgüter auf ihre besonderen Bedarfe abgestimmt.
In den Nachbarländern Moldawien, Polen, Rumänien, Slowakei und Ungarn werden Geflüchtete mit lebensnotwendigen Gütern versorgt. Zudem unterstützen die Bündnis-Mitglieder psychosoziale Angebote für die Menschen auf der Flucht und begleiten den Aufbau von Schutzräumen für Familien mit Betreuungsangeboten für Kinder. Zudem bereiten sie bereits längerfristige Bildungs- und Integrationsmaßnahmen vor. Im Einzelnen fördern die Bündnis-Mitglieder unter anderem die folgenden Hilfsmaßnahmen:
- Brot für die Welt arbeitet eng mit Partnerorganisationen in mehreren Projekten in der Ukraine zusammen. Im Westen der Ukraine werden insbesondere ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen medizinisch versorgt. Zudem werden Nahrungsmittel, Wasser und Hygieneartikel zur Verfügung gestellt.
- Gemeinsam mit ihrer Partnerorganisation unterstützt die Kindernothilfe geflüchtete ukrainische Familien in Moldawien. Sie stellen Wohnräume für die Geflüchteten bereit. Außerdem betreuen sie vor allem Kinder psychologisch, um die Erlebnisse der Flucht und des Krieges zu verarbeiten.
- medico international und ihre ukrainische Partnerorganisationen sind in verschiedenen Oblasten aktiv. In Zusammenarbeit mit der Suppenküche der NGO „Mirnoe Nebo“ werden mehrere hundert Haushalte in Charkov mit warmen Mahlzeiten versorgt. Zusätzlich bietet ein humanitäres Zentrum Schutz bei Luftalarm und bietet Bildungsangebote sowie psychologische Hilfe an.
- Über Partner in der Ukraine fördert Misereor den Aufbau von kleineren Schutzräumen in Gebäuden in mehreren ukrainischen Städten, um die Menschen aufzunehmen. Die Schutzräume erhalten Notstromaggregate, Schlafsäcke, Isomatten, Taschenlampen und Batterien. In der westlichen Ukraine werden die Menschen mit lebensnotwendigen Gütern versorgt.
- Plan International konzentriert sich in den Grenzgebieten zu Moldawien, Polen und Rumänien auf den Schutz von Kindern und die psychosoziale Unterstützung. Je nach Bedarf stellt Plan International Hilfspakete zusammen, die unter anderem Bargeld, Gutscheine und Menstruationsartikel beinhalten.
- In Zusammenarbeit mit mehreren Partnerorganisationen leistet terre des hommes Unterstützung für ankommende geflüchtete Familien und unbegleitete Minderjährige aus der Ukraine in Deutschland mit Fokus auf psychosozialer Unterstützung und rechtlicher Beratung. So wird zum Beispiel die Chat-Beratung „Krisenchat“ (gegründet zu Beginn der Corona-Pandemie) ausgebaut und bietet auf Ukrainisch und Russisch psychosoziale Hilfe via Chat für junge Menschen in der Ukraine und auf der Flucht.
- Die Welthungerhilfe unterstützt über ihre Partnerorganisation die Lieferung von Hilfsgütern wie haltbarer Nahrung (wie Nudeln, Zucker, Getreide und Babynahrung), Hygieneartikeln, Windeln, Medikamenten in die Ukraine und die Versorgung der Ukrainer:innen mit warmen Mahlzeiten, Hygiene-Kits und Bargeldzahlungen.
- Gemeinsam mit einer ukrainischen Partnerorganisation trägt German Doctors zur Trinkwasser- und Sanitärversorgung in den Regionen Donezk und Luhansk bei. Zudem liefern sie dringend benötigte Medikamente und Verbandsmaterialien ins Krisengebiet und fördern den Aufbau von Notunterkünften.
- Oxfam bereitet kurzfristige als auch mittel- bis langfristige Maßnahmen für Menschen auf der Flucht aus der Ukraine vor. In enger Zusammenarbeit mit lokalen Behörden und zivilgesellschaftliche Organisationen in den Grenzregionen liegt der Fokus auf der Versorgung der Menschen mit Wasser und Sanitäranlagen und Bargeld, sowie dem Schutz vor Menschenhandel und weiteren Risiken auf der Flucht.
So können Sie helfen
Unterstützen Sie die Hilfsmaßnahmen unserer Mitgliedsorganisationen und ihrer Partner für die Menschen aus der Ukraine mit Ihrer Spende und helfen Sie Menschen in Not. Jeder Beitrag hilft.