Teil 3: „Man muss sich das Ausmaß der Krise bewusst machen“

Die Zukunft der Rohingya – In Bangladesch bleiben, oder nach Myanmar zurückkehren?

Wie ist das Verhältnis zwischen den Rohingya und der lokalen Bevölkerung in Bangladesch?

CDD: Zu Beginn war die örtliche Bevölkerung sehr hilfsbereit und hat das Wenige, das sie hatten, mit den geflüchteten Rohingya geteilt. Inzwischen leben in Cox Bazar und Umgebung aber beinahe doppelt so viele Rohingya wie Bangladeschis. Da sie eine ähnliche Sprache sprechen, haben sich einige Rohingya Arbeit gesucht, wozu sie eigentlich nicht berechtigt sind. Oft arbeiten sie für weniger Geld als die örtliche Bevölkerung, oder einfach für Nahrungsmittel. Dadurch verlieren Bangladeschis diese Arbeitsmöglichkeiten. Zudem konzentrieren sich viele Hilfsorganisationen nur auf die Rohingya, obwohl auch die örtliche Bevölkerung arm ist. Es kam bereits zu kleineren Zusammenstößen zwischen Rohingya und Bangladeschis. Wichtig ist es daher, Bedürfnisse der Rohingya sowie der aufnehmenden örtliche Bevölkerung zu bedenken und Hilfsleistungen im Gleichgewicht zu halten.

Zeltunterkünfte der Rohingya in Bangladesch

Überall in der hügeligen Region sind einfache Zeltunterkünfte errichtet worden. © CDD

Die Situation wird noch dadurch verschärft, dass Cox Bazar eigentlich ein Touristenziel war. Im Sommer haben viele Menschen dort Urlaub gemacht. Verglichen mit anderen Regionen in Bangladesch lebten in Cox’s Bazar weniger Menschen, es war ruhiger, grüner als in den Städten. Jetzt ist es sehr voll, Bäume wurden gerodet, was auch die Gefahr von Erdrutschen erhöht. In Hotels für die Touristen kommt jetzt das Personal der Hilfsorganisationen unter. Die Mieten für zum Beispiel Räume sind extrem gestiegen.

Was die Sicherheitslage betrifft, so wird das ganze Gebiet von der Armee gesichert. Organisationen, die sich dort aufhalten und Hilfsmaßnahmen für die Rohingya umsetzen, brauchen eine Genehmigung. Um 16 Uhr müssen alle, die in den Camps arbeiten, das Gebiet verlassen und aus Sicherheitsgründen in die Stadt zurückkehren. Die Region ist nicht sehr entwickelt. Es gibt keinen Strom, keine Beleuchtung, keine befestigten Straßen, nichts.

Welche Strategie hat die Regierung von Bangladesch bezüglich der Rohingya?

Das ist eine wichtige Frage. Man kann eine Strategie entwickeln, wenn man weiß, wohin sich die Situation entwickeln soll. Aber das können wir nicht wissen. Bleiben diese Menschen für drei Monate, für sechs? Zentral ist daher, dass der ausgerechnete Hilfsbedarf von 434 Millionen US Dollar finanziert wird. Bisher sind von diesen Hilfsgeldern nur 49,5% ausgezahlt worden. Wird dies nicht von der internationalen Gemeinschaft bezahlt, muss der Staat Bangladesch für den Rest aufkommen. Was die langfristige Strategie angeht, so gibt es mehrere Szenarien. Die Camps könnten befestigt und ausgebaut werden, das wäre eine Möglichkeit. Dann gibt es den Vorschlag, einen Teil der Rohingya auf eine Insel umzusiedeln. Diese Insel wird momentan von der Küstenwache geprüft und gegebenenfalls Maßnahmen getroffen.

Gibt es eine politische Basis für die Rückkehr der Rohingya nach Myanmar?

Bangladesch hat hier von Anfang an eine klare Position bezogen. Wir möchten, dass die Krise gelöst wird, gemeinsam mit der internationalen Gemeinschaft und natürlich mit Myanmar. Vor allem aber möchten wir, dass die Krise friedlich gelöst wird. Der nächste Schritt ist ein bilateraler Prozess zwischen Bangladesch und Myanmar. Es wurden Arbeitsgruppen mit Vertretern aus Bangladesch und Myanmar eingerichtet, die sich z.B. mit Fragen der legalen Dokumentation befassen, also z.B. Ausweispapieren für die Rohingya. Da viele von ihnen keine Papiere haben, oftmals nie hatten, können sie sich nicht ausweisen. Sie haben auch keine Geburtsurkunden oder Eigentumsurkunden für ihre Häuser und Felder.

In jedem Fall kommt es darauf an, dass die Regierung von Myanmar guten Willen zeigt. Wenn sie wirklich möchte, dann können Lösungen gefunden werden, dann können auch mit Hilfe von Bangladesch Prozesse für die Registrierung entwickelt werden, dann können Menschen irgendwann auch in ihre Heimat zurückkehren.

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