Tsunami in Indonesien: „Die Solidarität unter den Menschen ist sehr groß“

Ungültige ID des Sliders. Die ID muss eine Zahl sein Mehrere Erdbeben und ein Tsunami Ende September 2018 haben auf der indonesischen Insel Sulawesi massive Zerstörung angerichtet. Nothilfe-Referent Bernd Eichner von medico international ist seit letzter Woche vor Ort und schildert seine Eindrücke. Sein Besuch dient der Rücksprache und weiterer Planung mit den medico-Partnerorganisationen.

Wie ist die aktuelle Lage vor Ort?

Bernd Eichner: Ungefähr 80.000 Menschen sind obdachlos. Viele Menschen schlafen vor ihrem Haus unter Planen, weil sie nicht einschätzen können, wie stabil es noch ist. Andere mussten jedoch fliehen und leben nun in Notunterkünften oder bei Verwandten. Die Solidarität der Menschen untereinander ist sehr groß. In den betroffenen Gebieten sind wirklich alle hundert Meter an der Straße sogenannte Poskos, an denen sich die Menschen selbst Hilfe organisieren oder betroffene Menschen aufgenommen und versorgt werden.

Kehrt langsam wieder sowas wie Alltag ein?

Die Situation entspannt sich. Wichtige Infrastruktur ist wiederhergestellt, zumindest in den Städten und leicht erreichbaren Gegenden. Es gibt wieder Strom und an den Tankstellen gibt es Benzin. Die meisten Läden sind jedoch noch geschlossen, da die Besitzer fliehen mussten. Formal ist sogar der Schulbetrieb wieder gestartet, jedoch sind viele Schulen  beschädigt oder die Menschen noch mit der Überlebenssicherung beschäftigt. Wo Schulen offen sind und besucht werden, findet meist kein regulärer Unterricht statt, sondern eine Bestandsaufnahme, um herauszufinden wie viele Lehrer*innen und Schüler*innen noch vermisst werden.

Was brauchen die Menschen am dringendsten?

Derzeit benötigen sie vor allem noch Nahrung und eine sichere Unterkunft. Es werden „Family packages“ mit Gegenständen des alltäglichen Bedarfs wie Zelte, Hygieneprodukte, Kochgeschirr und Lebensmittel verteilt, damit sie sich wieder selbstständig versorgen können. Unsere lokalen Partner konzentrieren sich auf die Belieferung von öffentlichen Küchen. Die Betroffenen kochen dort selbst und organisieren sich als Gruppe. Das ist gut für die Verteilung von weiteren Hilfsgütern und ein wichtiger Ort, um sich untereinander auszutauschen, das Erlebte gemeinsam zu verarbeiten und Kraft zu schöpfen.

Inwiefern wird internationale Hilfe gebraucht?

Es wird vor allem finanzielle Unterstützung benötigt. Indonesien hat viel Erfahrung in der Bewältigung von Katastrophen infolge extremer Naturereignisse. Entsprechend sind ausreichend indonesische Kapazitäten vorhanden. Benötigte Hilfsgüter wie Nahrungsmittel, Hygieneartikel und Zelte können auf Sulawesi gekauft werden. Die Maßnahmen der indonesischen Regierung, den Zutritt von ausländischen Hilfsorganisationen ohne lokale Anbindung ins Katastrophengebiet einzuschränken, sind daher verständlich. Lokale Organisationen bleiben vor Ort und stärken langfristig die Katastrophenvorsorge in ihrem Land.

Was sind Herausforderungen?

Aufgrund der sehr hohen Gefährdung Indonesiens durch extreme Naturereignisse muss schon beim Wiederaufbau die Katastrophenprävention mitbedacht werden. Häuser müssen erdbebensicher repariert und gebaut werden und die Dörfer, die durch die Bodenverflüssigung verschwunden sind, sollen komplett an anderer Stelle wiederaufgebaut werden. Da wie meistens bei Katastrophen besonders ärmere Bevölkerungsgruppen von den Erdbeben und dem Tsunami betroffen waren, muss die Katastrophenprävention Armutsbekämpfung und langfristige Entwicklung miteinschließen.

Mehr Informationen:
medico international: Unglück in Indonesien – medico vor Ort