„Die Zukunft der Menschen ist zurzeit leider völlig ungewiss.“

Über 600.000 Rohingya sind seit Ende August vor der Gewalt in Myanmar nach Bangladesch geflohen. Viele haben auf der Flucht alles verloren, die humanitäre Lage in den Aufnahme-Camps ist alarmierend. Christine Kögel, Misereor-Länderreferentin für Bangladesch, berichtet von der Lage in den Aufnahme-Camps.

Wie geht es den Menschen in den Rohingya-Aufnahmecamps nahe der Stadt Cox’s Bazar?

Christine Kögel, Misereor-Länderreferentin für Bangladesch

Christine Kögel © Misereor

Christine Kögel: Momentan sind sehr viele nationale und internationale Hilfsorganisationen vor Ort und versuchen ihr Bestes, um die ständig wachsende Anzahl an Menschen mit dem Notwendigsten zu versorgen. Mit der Unterstützung Misereors konnten im Oktober etwa 40.000 Familien  mit Nahrungsmitteln und Haushaltsartikeln versorgt werden.

Gesundheitsstationen leisten medizinische Erstversorgung bei  Durchfallerkrankungen, Mangelernährung, Fieber und Husten, von denen besonders die Kinder betroffen sind. Die Hygienesituation ist besorgniserregend schlecht.  Es gibt keine Rückzugsorte für Frauen und Mädchen, wo sie sich ungestört waschen könnten. Bis zu 20 Familien müssen sich eine Latrine teilen.

Was ist ihre größte Sorge momentan?

Große Sorge macht uns der anstehende Winter, wenn es deutlich kälter wird. Die notdürftigen Behausungen sind einfach nicht für kühles, feuchtes Wetter geeignet. Die Menschen schlafen auf dem nackten Boden. Besonders Kinder und ältere Menschen leiden unter diesen Bedingungen und können nicht ausreichend geschützt werden. Misereor wird daher über die Partnerorganisation  vor Ort die Hilfe im Flüchtlingslager ausweiten, um die Menschen speziell für die Wintermonate mit isolierenden Matten, Kleidung und Decken zu versorgen.

Wie sieht die Zukunft für die Rohingya in Cox’s Bazar aus?

Die Zukunft der Menschen ist zurzeit leider völlig ungewiss. Zwar ist eine Vereinbarung zur Rückkehr der Rohingya nach Myanmar unterzeichnet worden, die Umsetzung erscheint aber nicht sehr realistisch, da viele Unklarheiten und Verunsicherung bestehen.

Wir hoffen, dass der Papstbesuch sowohl in Myanmar als auch Bangladesch noch einmal mehr Aufmerksamkeit auf die ausweglose Lage der Geflüchteten in Bangladesch und der verbleibenden Rohingya in Myanmar lenken wird. Ideal wäre, wenn die Papst-Botschaft von Versöhnung, Vergebung und Frieden in Bangladesch und Myanmar neue Wege des Dialogs ebnen könnte. Die jetzige Situation der Menschen in den Flüchtlingslagern darf nicht zu einer Dauerlösung werden. Die Rohingya müssen wieder auf ein menschenwürdiges Leben und die Anerkennung ihrer Rechte in ihrem Heimatland Myanmar hoffen können.

Zur Person: Christine Kögel arbeitet als Länderreferentin für Bangladesch bei Misereor. Im November besuchte sie Aufnahme-Camps für Rohingya in Cox’s Bazar in Bangladesch  und sprach mit geflüchteten Rohingya.